„Wehe(n) Wiesbaden kommt“: Fünf Geschichten zum Duell mit Wehen Wiesbaden

Man kennt sich: Nicht nur Marcel Gaus stand beim letzten Duell mit dem SVWW auf dem Platz und wird es am Freitagabend wieder tun. (Foto: Bösl / KBUMM)

„Wehe(n) Wiesbaden kommt“: Fünf Geschichten zum Duell mit Wehen Wiesbaden

05. November, 2020 12.00 Uhr

„Es steht im Augenblick 1:1, aber es hätte auch umgekehrt lauten können.“ Diese Fußballweisheit, einst getan von Sportreporter Heribert Faßbender, passt haargenau auf die Auswärtsbegegnung unseres FC Ingolstadt 04 am vergangenen Sonntag bei Türkgücü München. Ganz eng lagen bei dieser hart umkämpften und attraktiven Partie Sieg und Niederlage beieinander. Auch am Freitagabend im Heimspiel gegen Zweitligaabsteiger Wehen Wiesbaden (Anpfiff um 19 Uhr) darf man sich auf eine spannende Begegnung freuen, bei der am Ende hoffentlich unsere Jungs die Nase vorn haben. Mit unseren fünf kleinen Geschichten, die diesmal nicht nur auf Augenhöhe stattfinden, sondern auch auf den Kopf gefallen sind, die unsägliche Relegation nicht vermeiden, von Rekorden für die Ewigkeit handeln und behaupten „Wehe Wiesbaden kommt“, möchten wir Euch, liebe Fans, auf dieses Duell einstimmen. Auf geht´s, Schanzer!

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Diese unsägliche Relegation
Immer wieder kreuzt dieses unsägliche, ja für Schanzer Fans zuletzt grauenhafte Un-Wort „Relegation“ unsere fünf Geschichten. Nein, diesmal geht es nicht um die jüngsten Schockerlebnisse am vergangenen Saisonende mit dem Aus in der 96. Minute gegen den Club, sondern um das Jahr davor: Der damalige und aktuelle Coach Tomas Oral übernahm das „Himmelfahrtskommando“ FC Ingolstadt 04 nach dem 27. Spieltag der Zweitliga-Spielzeit 2018/19 als Nachfolger des glücklosen Jens Keller – abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Mit sage und schreibe 16 Punkten aus sieben Spielen erreichte das Team mit einem unglaublichen Schlussspurt noch die Relegation, bei der als Tabellendritter der 3. Liga der SV Wehen Wiesbaden auf die Schanzer wartete. Das Team um Kapitän Almog Cohen trat zuerst auswärts an. Dario Lezcano traf nach 35 Sekunden für seine Farben und kurz nach der Halbzeit per Foulelfmeter. Die bittere Pille: In der – schon wieder – 96. Minute mussten die Donaustädter aus dem Nichts das 1:2 hinnehmen. Vor der heute kaum noch vorstellbaren Zuschauerkulisse von knapp 12.500 Besuchern fand am 28. Mai 2019 das alles entscheidende Rückspiel im Audi Sportpark an. Es war angerichtet und der Noch-Zweitligist ging als klarer Favorit in die Begegnung. Doch es kam (leider) anders. Die Gäste aus Hessen bezwangen FC-Keeper Philipp Tschauner erstmals nach 13 Minuten. Allerdings schaffte die Heimelf in der gleichen Minute durch Konstantin Kerschbaumer den Ausgleich. Durch einen Treffer nach einer halben Stunde und einem weiteren, unglücklich abgefälschten Schuss in die Maschen des Gastgebers führten die Gäste zur Halbzeit schon mit 3:1. Die Schanzer setzten im zweiten Durchgang alles auf eine Karte, spielten hochengagiert, erarbeiteten sich zahlreiche Chancen, doch mehr als der Anschlusstreffer durch Paulsen sprang nicht mehr heraus. Das Schreckgespenst „Relegation“ hatte seinen ersten großen Auftritt im Audi Sportpark.

„Wehe Wiesbaden kommt“
Diese Aussage dürfen die Schanzer am Freitag tatsächlich wörtlich nehmen. Ein Blick auf die aktuelle Heim- und Auswärtstabelle zeigt: Der SVWW ist einerseits die zweitschlechteste Heimmannschaft mit zwei Unentschieden und zwei Niederlagen auf heimischem Geläuf, andererseits mit drei Siegen und einem Unentschieden auf fremdem Grün Tabellenführer des Auswärtstableaus. „Wehe Wiesbaden kommt“ soll aber diesmal nicht gelten: Schließlich sind die Schanzer zusammen mit dem 1.FC Saarbrücken die beste Heimelf der laufenden Saison – und es ist ja nicht Relegation …

Auf Augenhöhe
Wir alle kennen die Aussagen der Trainer vor den Spielen: „In der Dritten Liga kann jeder jeden schlagen“, „Wir erwarten ein Spiel auf Augenhöhe“, „Die Liga ist absolut eng und ausgeglichen“… Trifft das tatsächlich zu? Eindeutig ja! Aktuell trennen den Primus Hansa Rostock und den Neunten FC Bayern München II gerade mal drei Punkte. Der Tabellendreizehnte Waldhof Mannheim liegt gerade nur fünf Zähler hinter der Hansa. Noch deutlicher wird es, wenn man eine Saison zurückblickt. Nach ebenfalls acht Spieltagen war nur Aufsteiger Eintracht Braunschweig mit an der Tabellenspitze zu finden. Der spätere Mitaufsteiger Würzburger Kickers lag zum gleichen Zeitpunkt abgeschlagen auf Rang 15 und der amtierende Meister FC Bayern München II war gar nur Siebzehnter. Stehvermögen, Kampfkraft, Wille sowie ein gut besetzter und über die gesamte Saison ausgeglichener Kader sind also Voraussetzung, um das große Ziel zu schaffen.


Heute in Zwickau, sorgte Ronny König (rechts) vor vielen Jahren für einen Rekord für die Ewigkeit. Und zwar im Trikot der Wiesbadener (Foto: Bösl / KBUMM).

Rekorde für die Ewigkeit?
Denkt man im deutschen Fußball an Rekorde, denkt man automatisch an – na klar, Bayern München. Aber nicht nur die Elitetruppe aus der Landeshauptstadt ist hierzulande für Bestmarken zuständig, auch der SV Wehen Wiesbaden nennt einige beeindruckende Höchstleistungen sein eigen: Am 8. Spieltag der Saison 2007/08 in der Zweitligabegegnung gegen den 1. FC Köln schoss der damals für die Hessen auflaufende Ronny König den schnellsten Hattrick (in 7 Minuten!) in der Geschichte der 2. Fußball-Bundesliga. Der SVWW lag 0:2 hinten, ehe König mit drei blitzsauberen Toren in der 29., 33. und 36. Minute das Spiel drehte. Zwar glichen die Geißböcke nochmals aus, doch Diakité sorgte für den 4:3 Endstand, auf Vorlage von – natürlich Ronny König. Bereits in der nächsten Partie dann der nächste Rekord. Benjamin Siegert erzielte das bislang schnellste Tor im deutschen Profifußball überhaupt. Nur unglaubliche acht Sekunden nach Anpfiff bezwang der Wiesbadener den damaligen Fürther Torhüter Kirschstein mit einem Rechtsschuss. Das Spiel endete übrigens 1:1. Auch in der Ewigen Tabelle der Dritten Liga nimmt Wehen Wiesbaden den Spitzenplatz ein. Mit 561 Punkten aus 388 Spielen rangiert man souverän an der Tabellenspitze vor dem VfL Osnabrück und der SpVgg Unterhaching.

(Nicht) auf den Kopf gefallen
Ist Thomas Keller einer für besondere Tore? Nach seinem Doppelpack zum 2:1-Sieg in der vergangenen Saison gegen den 1. FC Kaiserslautern tat der defensive Mittelfeldspieler nach dem Treffer in der 94. Minute (nein, nicht 96.) den Ausspruch: „Ich habe nur gemerkt, dass mir der Ball auf den Kopf fiel und alle um mich gejubelt haben.“ Na, Hauptsache drin. Am vergangenen Sonntag war das ganz anders. Der 21-jährige U20-Nationalspieler übernahm Verantwortung und hämmerte einen Freistoß aus rund 30 Metern unhaltbar in die Maschen. Nicht nur Trainer Tomas Oral sprach nach dem Spiel von einem Traumtor. Thomas Keller blieb trotzdem bescheiden: „Den hab ich ganz gut getroffen, aber am Ende zählt das Resultat und drei Punkte wären mir lieber gewesen.“ Mach´s nochmal Thomas, kann man sich da gegen Wehen Wiesbaden nur wünschen – und diesmal eben zum Sieg.