„Pünktlichkeit, Schnitzel und Bier“ – Unser Japan-Trio im Portrait
24. Oktober, 2017 14.00 Uhr
fci.de: Servus, Takahiro und Ryoma! Wir sind hier im Café Due. Was verbindet ihr mit diesem Ort? Seid ihr öfter hier?
Ryoma Watanabe: Für uns ist es schon ein besonderer Ort, denn hier haben wir – Hideki, Taka und ich – uns das erste Mal getroffen, gemeinsam Kaffee getrunken und uns lange unterhalten. Das war gleich nachdem Taka beim FCI unterschrieben hat und feststand, dass wir ab sofort ein japanisches Trio beim FCI sind. Hideki meinte, dass es hier guten Kaffee gibt und deshalb haben wir uns hier getroffen.
Takahiro Sekine: Genau so war das. Wir kommen immer wieder mal hierher, trinken meistens Latte Macchiato und quatschen über Fußball oder andere Dinge.
fci.de: Gibt es andere Orte in und um Ingolstadt an denen ihr euch gerne mit euren Mannschaftskollegen aufhaltet?
Watanabe: Wir gehen ganz gerne in ein italienisches Restaurant in der Stadtmitte, „Da Gino“. Ansonsten finde ich es schön, einfach ein bisschen in der Stadt spazieren zu gehen.
Sekine: Ich mag vor allem die Stadtmitte im Allgemeinen sehr gerne. Die Art und Weise, wie alles gebaut ist gefällt mir. Da macht es Spaß durch die Straßen zu gehen und sich die ganzen Ecken genau anzuschauen, es ist ein bisschen wie im Mittelalter an manchen Orten.
fci.de: Mit Tobias Schröck und Marcel Gaus wart ihr vor kurzem bei einem Japaner in der Nähe. War es so gut, wie ihr es in der Heimat kennt?
Watanabe: Ja, wir waren bei einem Japaner in Buxheim. Es hat uns dort sehr gut geschmeckt, auch wenn es natürlich kleinere Unterschiede zum Sushi direkt aus Japan gibt. Wir waren schon öfter dort und werden sicherlich noch einige Male vorbeischauen!
fci.de: Was haltet ihr vom deutschen Essen? Habt ihr denn ein Lieblingsgericht oder eine besonderes Getränk für euch entdeckt?
Watanabe: Ich bin großer Schnitzel-Fan! (lacht) Als Getränk habe ich Apfelschorle für mich entdeckt, das schmeckt einfach lecker.
Sekine: Kaiserschmarrn finde ich sehr lecker, auch wenn ich gehört habe, dass das gar nicht typisch deutsche Küche ist. Ansonsten esse ich auch sehr gerne mal ein Schnitzel und habe hier auch schon eine tolle Ente gegessen, doch ich denke, dass ich in den nächsten Monaten noch einige andere Dinge probieren werde.
Ryoma Watanabe setzt zur Flanke an (Foto: FCI).
fci.de: Ihr wart mit dem gesamten Team auf dem diesjährigen Oktoberfest in München. Wie hat es euch gefallen? Habt ihr dort auch die bayerische Köstlichkeit schlechthin, unser Bier, probiert?
Watanabe: Vom Bier haben wir probiert, aber mir persönlich schmeckt das leichtere japanische Bier etwas besser, allgemein bin ich aber absolut kein Biertrinker.
Sekine: Es war auf jeden Fall sehr lustig mit der Mannschaft auf der Wiesn! Ich musste unter anderem auf der Fahrt im Bus vor den Jungs etwas singen – das kam ganz gut an (lacht).
fci.de: Zuvor ist schon der Begriff Heimat gefallen. Welche Dinge, Orte oder Personen vermisst ihr am meisten aus Japan?
Watanabe: Allen voran natürlich die Familie. Ich denke, dass uns aber auch andere Dinge aus der Heimat fehlen, zum Beispiel kann man in der Nähe unserer Heimat sehr gut Golf spielen. Wir kommen beide aus Saitama einer größeren Stadt direkt nördlich von Tokio, man ist in 15 Minuten mit dem Zug in der Hauptstadt. Die Leute und das Leben dort vermisst man schon.
Sekine: Keine Frage, Freunde und Familie fehlen sehr. Ich hatte ein extrem gutes Verhältnis zu meinen Mannschaftskollegen bei meinem vorherigen Klub Urawa Red Diamonds, ansässig übrigens direkt in Saitama. Wir haben sehr viel unternommen und ich hatte dort viele gute Freunde. Doch ich bin zuversichtlich, dass ich hier wieder viele neue Freundschaften schließen werde!
fci.de: Da ihr beide aus Saitama stammt: Kanntet ihr euch bereits?
Watanabe: Nein, dafür ist Saitama auch viel zu groß, das wäre ein unglaublicher Zufall gewesen. Ich kannte allerdings Taka bevor er hierher kam aus den japanischen Medien, er ist ja auch schon Nationalspieler.
fci.de: Tatsächlich hat man in Deutschland auch schon aufgrund eines ganz besonderen Treffers von Takahiro Sekine gehört. Taka, du weißt bestimmt, um welches Tor es geht.
Sekine: Ja, du meinst wahrscheinlich meinen 4:3-Siegtreffer in der J-League gegen Hiroshima. Das war wirklich ein unglaubliches Spiel und es war noch extremer, als ich das späte Tor erzielen konnte. In der Nachspielzeit konnte ich fast von der Mittellinie aus lossprinten, habe sechs Gegner überwunden und am Ende aus spitzem Winkel getroffen – das war ein irres Gefühl. Ich erinnere mich noch sehr gut, es war, als wäre alles in Zeitlupe. So ein wichtiges und kurioses Tor vergisst man nicht.
fci.de: Ryoma ist schon etwas länger in Ingolstadt, jetzt seid ihr mit „Taka“ und Hideki, der als Praktikant vom Japanischen Fußballverband kam, schon zu dritt. Ist das für euch auch ein Stück Heimat, wieder regelmäßig japansich sprechen zu können und Landsleute um sich zu haben?
Watanabe: Absolut. Es tut gut auch mal wieder regelmäßig japanisch zu sprechen. Man versteht sich einfach ganz anders und kann Dinge genau so sagen, wie man es will.
Sekine: Mir hilft es sehr, dass ich quasi zwei Übersetzer hier habe, die mich täglich auf und neben dem Platz unterstützen. Hideki spricht viel mit uns und gibt uns Tipps, was wir noch besser machen können. So ist es für mich deutlich leichter, mich Schritt für Schritt zu integrieren – zum FCI wäre ich aber auch gewechselt, wenn die beiden nicht hier wären (lacht).
Dynamik pur: Takahiro Sekine beim Dribbling (Foto: FCI).
fci.de: Ihr lernt beide fleißig Deutsch. Wie wohl fühlt ihr euch schon mit dieser schwer zu erlernenden Sprache?
Watanabe: Ich hatte zu Beginn große Schwierigkeiten, denn es ist eine schwer zu lernende Sprache. Mittlerweile fühle ich mich aber immer wohler, verstehe fast alles und kann mich ganz gut verständigen. Ich glaube aber, dass ich noch gut ein Jahr brauchen werde, um noch flüssiger zu sprechen.
Sekine: Ich habe aktuell mehrmals in der Woche Deutschkurse, doch es ist nicht einfach diese Sprache zu lernen. Es gibt sehr viele Regeln und die Unterschiede zum Japanischen sind schon deutlich. Doch auch wenn es hart ist und nicht ganz so viel Spaß macht, weiß ich, wie wichtig es ist schnell Deutsch zu lernen. Dann wird alles leichter für mich, aber es dauert noch eine Weile, bis es soweit ist. Zum Glück habe ich meine beiden Landsleute hier!
fci.de: Was ist für euch typisch Deutsch?
Watanabe: Ich finde Pünktlichkeit, Bier und Schnitzel sind typisch Deutsch. Und natürlich Fußball! Ich glaube, dass das für viele vielleicht sogar das Wichtigste ist.
Sekine: Ich sehe das genauso wie Ryoma. Außerdem finde ich es im Vergleich zu Japan auffällig, wie früh die Geschäfte teilweise schließen, das ist in Japan ganz anders, aber es stört mich nicht wirklich.
fci.de: Gerade in einem multikulturellen Fußballteam gibt es zahlreiche unterschiedliche Typen. Wie kommt ihr in der Mannschaft zurecht?
Watanabe: Wir kommen gut zurecht, ich wurde damals sehr gut aufgenommen und Taka jetzt ebenso. Ich finde es zudem spannend von vielen unterschiedlichen Sprachen immer wieder ein paar Wörter zu lernen – zum Beispiel Spanisch von Darío Lezcano. Ich finde es schön, dass so viele Nationen zusammenkommen, sich gut verstehen und voneinander lernen.
Sekine: Wie gesagt, glaube ich, dass ich mit besserem Deutsch leichter zurechtkommen werde. Doch trotz der sprachlichen Schwierigkeiten läuft es auf dem Platz sehr gut, da sind die Kommandos relativ schnell klar, trotzdem muss und werde ich noch einiges dazulernen.
fci.de: Was zeichnet den japanischen Fußball aus? Worin seht ihr die Stärken und was sind mögliche Schwächen der japanischen Liga?
Watanabe: In Japan legt man unheimlich viel Wert auf das Kurzpassspiel und eine ausgezeichnete Technik. Das sind die wichtigsten Punkte. Deutscher Fußball ist viel direkter auf das Tor gerichtet und deutlich zweikampfintensiver – Körperkontakt gibt es dabei viel öfter als in Japan.
Sekine: Da hat Ryoma absolut recht. Es ist eine andere Härte im Spiel, allgemein fehlt Japanern oftmals ein wenig die Physis. Doch diese kann man sich auch gut erarbeiten und wir sind auch nach Deutschland gewechselt, um genau die Dinge zu erlernen, die die Deutschen so gut machen.
fci.de: Wo seht ihr die größten Stärken des jeweils anderen?
Watanabe: Taka ist unglaublich schnell. Außerdem ist er ein starker Dribbler und bringt sehr gute Flanken. Für seine Größe verfügt er auch über ein wirklich gutes Kopfballspiel.
Sekine: Ryoma ist technisch herausragend. Er ist zudem fleißig, läuft viel für sein Team und hat ein super Passspiel.
Die beiden Jung-Profis fühlen sich wohl beim FCI. „Ich möchte hier so richtig ankommen“, sagt Takahiro Sekine (Foto: FCI).
fci.de: Diese Stärken bringt in der Regel Ryoma und zuletzt auch erstmals Takahiro bei unserer U 21 ein, die momentan ganz vorne mit dabei ist. Ryoma, was sind deiner Meinung nach die Gründe dafür?
Watanabe: Wir haben ein sehr junges Team, doch überragend finde ich vor allem den Teamgeist. Wir halten extrem gut zusammen, helfen uns gegenseitig und wissen, dass wir nur gemeinsam stark sind. In den vergangenen Wochen gab es gleich mehrere unterschiedliche Trainer, doch selbst das hat das Team fast problemlos gemeistert Es passt einfach alles im Moment, doch es ist noch eine sehr lange Saison, die vor uns steht. Da müssen wir dranbleiben!
fci.de: Was habt ihr euch für diese Saison beim FC Ingolstadt 04 noch vorgenommen?
Watanabe: Ich will mich weiter in allen Bereichen verbessern und eine Option für unsere Profis werden. Das heißt aber auch, dass ich weiter hart arbeiten muss.
Sekine: Das gilt für mich genauso. Ich will mich noch mehr einbringen und zeigen was ich kann. Außerdem will ich mein Deutsch verbessern und Einsatzzeiten in der 2. Bundesliga sammeln. Ich möchte hier so richtig ankommen.
fci.de: Zum Abschluss nochmal eine kulturelle Frage: In japanische Filmen und Serien werden hinter Namen oft unterschiedliche Wörter wie sensei, kun, chan, san oder dergleichen angehängt. Könnt ihr erklären, was es damit auf sich hat?
Watanabe (lacht): Also sensei kann man eigentlich direkt mit Lehrer übersetzen. Zu einem Fußballtrainer wie unserem Coach würden wir aber theoretisch eher Stefan-san sagen – im japanischen sind Vor- und Nachnamen in der Reihenfolge umgedreht und das –san verwendet man vor allem, um Respekt zu zeigen.
Sekine: Der Zusatz –sama ist dann so etwas wie die Steigerung von –san, das verwendet man vor allem gegenüber großen Persönlichkeiten, es ist die höflichste Anrede. Das –kun kommt vor allem dann vor, wenn Jungs miteinander sprechen. Weil ich etwas älter bin müsste ich Ryoma-kun sagen und er würde Takahiro-san verwenden. In der Praxis nennt er mich Taka und ich ihn, wie die anderen Spieler, Ryo.
Danke für das spannende Interview und die kleine Japanisch-Stunde. Viel Erfolg für euren weiteren Weg als Schanzer!
Ryoma half während des gesamten Interviews als Übersetzer für Takahiro aus.