Caiuby: Portrait unseres Top-Torjägers
15. April, 2013 11.37 Uhr
Besucht man „Caiu“ in seiner Wohnung in der Innenstadt, fallen einem zu allererst die Brasilienfahnen auf, die – wie zufällig an der Wand und über einer Stehlampe drapiert – keine schmückende Accessoires sind, sondern eher ein Beleg dafür, dass ihn auch nach fünf Jahren Deutschland das Heimweh nach Sao Paulo nie ganz verlassen hat. Und wenn er von der Familie erzählt, davon, dass er jeden Tag mit seiner Mutter oder seinem Vater telefoniert und er ihn gerade hier in Ingolstadt besuchen kommt, dann wirkt der charmante Sunnyboy mit einem Mal gar nicht mehr so fröhlich, wie man ihn kennt.
Gerade im Winter, wenn es kalt ist, vermisst er seine Familie ein Stückchen mehr als sonst, auch wenn er in einem Interview vor einigen Monaten sagt: „Ich bin schon zu einem halben Deutschen geworden.“ Mittlerweile grinst „Kai-Uwe“, wie ihn die Fans rufen, wieder vermehrt. Die Sonne ist schließlich endlich wieder zurück.
Er war gerade einmal 19 Jahre alt und konnte keinen Brocken Deutsch, als Caiuby seiner Heimat den Rücken kehrte. Er erinnert sich noch, als wäre es gestern gewesen, als nach dem Spiel, in dem er auch ein Tor gemacht hat, dieser „Typ aus Wolfsburg“ zu ihm in die Kabine kam, um ihn zu fragen, ob er nicht nach mit ihm nach Deutschland kommen wolle, nach Wolfsburg.
Caiuby hat sich die Entscheidung damals nicht leicht gemacht. Zumal seine Eltern auch nicht gerade begeistert waren. „Hätten zu jener Zeit nicht schon drei Brasilianer in Wolfsburg gespielt, hätte ich es nicht getan,“ erinnert sich der Stürmer, „und ich habe auch vorher mit den Jungs telefoniert, um zu erfahren, was mich erwartet.“ Die Landsmänner motivierten den Ballkünstler, in Deutschlands Elite-Liga zu kommen. Natürlich war er auch stolz, dass da extra einer nach Brasilien reist, um ihn zu beobachten.
Den Gedanken an Profifußball hatte Caiuby Francisco da Silva schon, da war er gerade einmal 14 Jahre alt. „In Brasilien fangen alle Jungs mit Straßenfußball an. Und jeder träumt davon, ein Fußballstar zu werden und bei einem großen Verein zu spielen.“ Aber es gehöre eben auch viel Glück dazu. „Ich kenne viele Jungs aus meiner Heimat, die ein unglaubliches Talent haben. Aber eben nicht das Glück, dass jemand auf sie aufmerksam wird.“
In Brasilien gibt es für die Jungs auf der Straße „zwei Wege“, wie Caiuby weiß. „Entweder du hast Glück wirst etwas im Fußball. Du kannst aber auch ganz schnell von so genannten Freunden auf den falschen Weg gebracht werden. Und wie er erzählt, landen nicht Wenige im kriminellen Milieu in dieser „coolen Stadt“, wie Caiuby sein Sao Paulo beschreibt. Er hat wohl den richtigen Weg eingeschlagen.
Und der führte ihn über Wolfsburg, eine Ausleihe nach Duisburg und später nach Ingolstadt, in diesem Jahr schließlich fest an die Schanz, wo er einen Vertrag bis 2015 unterschrieben hat. „Ingolstadt ist meine zweite Heimat geworden, ich fühle mich hier sehr wohl und freue mich auf die weiteren Jahre bei den Schanzern.“ Caiuby hat sich viel vorgenommen. Sein Traum ist es, eines Tages in der ersten Liga zu spielen. Am Liebsten natürlich mit dem FC Ingolstadt 04.
Der Offensivmann weiß aber auch um die gegenwärtige Zielsetzung auf der Schanz: Etablieren in der 2. Bundesliga. „Wir haben die Qualität, um unsere Ziele zu erreichen. Wir müssen nur fest an uns glauben“, meint der quirlige Brasilianer, der in den ersten eineinhalb Jahren mit sechs Toren und neun Vorlagen einen wichtigen Teil zum Liga-Erhalt beigetragen hatte. In der aktuellen Spielzeit ist Caiuby mit neun Toren und drei Vorlagen bisher Ingolstadts Top-Scorer.
In Ider Donaustadt hat er nun auch seinen Freund Roger de Oliveira Bernardo wieder, mit dem er schon in Brasilien Fußball gespielt hat und mit dem er auch des Öfteren zum Essen geht. Denn obgleich die stylische Küche in seiner Wohnung durchaus funktionsfähig wäre, muss Caiuby lachen auf die Frage, ob er auch darin kocht. Eher selten. Denn schon zum Frühstücken geht er lieber hinüber ins Caféhaus.
Und da er überaus modebewusst ist, zieht es ihn auch immer wieder mal nach München, um „Klamotten und Schuhe“ zu kaufen. „Mein größtes Hobby ist shoppen“, erzählt er grinsend. Das hat ihn auch schon in die Via Monte Napoleone nach Mailand geführt, dorthin, wo die Mode zu Hause ist. Und auch auf den Catwalk. Für Cinque beispielsweise stand Caiuby auch schon als Model auf dem Teppich. Das allerdings ist nicht sein Plan, wenn die aktive Zeit einmal zu Ende geht. Er will dem Fußball in irgendeiner Form schon treu bleiben. Aber mit gerade mal 24 Jahren ist das für ihn noch nicht „das ganz große Thema“. Macht auch nichts. In Ingolstadt freut man sich, dass der sympathische „Mann mit der Stromfrisur“, wie ihn Radioreporter Michael Küster (Funkhaus Ingolstadt) kürzlich taufte, weiterhin in schwarz-rot dribbelt.